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‚Reporter ohne Grenzen‘ veröffentlicht Rangliste der Pressefreiheit 2011

(jm)
Vor zwei Tagen hat der Verein »Reporter ohne Grenzen« (ROG) zum zehnten Mal seine internationale »Rangliste der Pressefreiheit« veröffentlicht. Die jährliche Rangliste schätzt die weltweite Lage der Presse- und Medienfreiheit eines Landes auf einer Punkteskala ein.

In seiner aktuellen Dokumentation für 2011 vergleicht ROG die Situation der Medien in 179 Staaten und Regionen im Betrachtungszeitraum vom 1. Dezember 2010 bis zum 30. November 2011. Die Rangliste versucht den Grad der presserechtlichen Freiheit wiederzugeben, den Journalisten und Medien in den einzelnen Ländern genießen, und bewertet die Bemühungen der jeweiligen Staaten, unabhängige Berichterstattung zu respektieren und die freie Arbeit von Journalisten sicherzustellen. Somit ist die Rangliste weder ein Indikator für die Qualität der Berichterstattung im jeweiligen Land noch ist sie als streng wissenschaftliche, repräsentative Umfrage angelegt. Sie erfasst methodisch reduktiv – anhand von insgesamt 44 quantitativen und qualitativen Kriterien – auch ausschließlich nur die Presserechtsverletzungen eines Landes, keine allgemeinen Menschenrechtsverletzungen.

Nach Einschätzung von ROG verbesserte sich Deutschland gegenüber dem Vorjahr von Platz 17 auf Platz 16 und nimmt damit »weiterhin eine stabile Mittelposition in der EU ein«. Schwierig seien, so ROG, in Deutschland insbesondere »der Zugang zu Behördeninformationen sowie der Schutz von Quellen und Informanten«. In Deutschland habe die Justiz »noch nicht endgültig darauf verzichtet, undichte Stellen in staatlichen Apparaten („Whistleblower“) zu ermitteln.«

Mit anderen Worten: Um beispielsweise den Behördenmitarbeiter, der Missstände im staatlichen Apparat an die Öffentlichkeit gibt, identifizieren und wegen »Geheimnisverrat« verurteilen zu können, hängt man dem Journalisten, der aus solch geheimen Informantenquellen berichtet, vorübergehend durchaus mal ermittlungstaktisch ein Strafverfahren wegen vermeintlicher »Beihilfe zum Geheimnisverrat« an.

Wie im Vorjahr führt Finnland [1] die ROG-Rangliste als Positivbeispiel an, während Nordkorea [178] und Eritrea [179] das Schlusslicht bilden. Interessante Einblicke in die presserechtliche und journalistische Situation Nordkoreas bietet aktuell ergänzend der launige NZZ-Online-Artikel »Der „Geliebte Führer“ war auch Journalismus-Dozent«.

Relativ charmant nimmt es sich da doch aus – und deshalb belegt Deutschland ja immerhin Rang 16 –, dass beispielsweise Bundespräsident Christian Wulff nach einem seiner gescheiterten Versuche, bereits im vergangenen Jahr unliebsame Berichterstattung wohlmeinend unterbinden zu wollen, »eine neue Art der Qualitätssicherung, quasi eine ISO-Norm für den Journalismus« angeregt hatte – wobei vermutlich die fein ziselierten Sprachregelungen der präsidialen Public-Relations-Berater den deutschlandeinheitlich einzuhaltenden Maßstab für »Qualitätsjournalismus« vorgegeben hätten.

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Neue Wissensmanagement-Fachpublikation: GfWM THEMEN

(jm)
Die Gesellschaft für Wissensmanagement e.V. (GfWM) hat mit der neuen Fachpublikation »GfWM THEMEN« ihr Veröffentlichungsspektrum erweitert. Die erste Ausgabe der »GfWM THEMEN« vom Dezember 2011 ist ab sofort hier als 41-seitige PDF kostenlos zum Download erhältlich.

Die neue »GfWM THEMEN« veröffentlicht nun drei mal jährlich – jeweils im April, August und Dezember – mehrseitige Fachartikel sowie hochwertige Praxisbeiträge, Expertenmeinungen und Praktikerkommentare mit dem besonderen Fokus »Wissensmanagement«. Geplant ist, eine ganzheitliche Sichtweise des Themas abzubilden, die die drei Dimensionen des Wissensmanagements – Mensch, Organisation und technische Infrastruktur – ausgewogen berücksichtigt.

»Mit ‚GfWM THEMEN‘ wollen wir eine neue, seriöse und hochwertige fachliche Publikation herausgeben, die den inhaltlichen, fachlichen Austausch zwischen der GfWM, ihren Teilnehmern und der Öffentlichkeit anregt, unterstützt und Perspektiven aufzeigt«, so das Redaktionsteam, Stefan Zillich und Lothar Jurk.

Der bisherige Newsletter, der mittlerweile seit 2004 erscheint, berichtet weiterhin alle zwei Monate über Aktivitäten und Entwicklungen der GfWM. Wie gewohnt informiert er alle Mitglieder, Förderer und Interessierten über Tagungen, Termine und aktuelle Ereignisse: »Die Leser, die wir mit Newsletter und ‚GfWM THEMEN‘ erreichen wollen, sind Teilnehmer aus Wissenschaft und Praxis, Berufstätige aller Branchen, in denen der Umgang mit Information und Wissen eine Rolle spielt, interessierte Leser, Freunde und Förderer des Vereins und nicht zuletzt die Mitglieder der Gesellschaft für Wissensmanagement«, so Zillich und Jurk weiter.

Der Newsletter und die neue »GfWM THEMEN« können hier kostenlos abonniert werden: newsletter [at] gfwm.de

Grafiknachweis: GfWM

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SSL-Verschlüsselung bei Ixquick ab sofort Standard

(jm)

Seit Ende Oktober 2011 verschlüsselt Ixquick, nach eigenen Angaben die »privateste Suchmaschine der Welt«, alle Suchanfragen automatisch per SSL. Die Meta-Suchmaschine war im Jahr 2009 die erste Suchmaschine, die SSL-Verschlüsselung optional angeboten hatte. Nun erhebt Ixquick die SSL-Verschlüsselung zum durchgängigen Standard.

SSL-Verschlüsselung, auch als »Secure Sockets Layer«-Verschlüsselung bekannt, wird von vielen Sicherheitsexperten als der sicherste Weg betrachtet, um im Internet zu surfen. Die Verschlüsselung durch Ixquick verhindert Lauschangriffe von Internet Service Providern (ISPs), die gesetzlich dazu verpflichtet werden können, große Mengen an persönlichen Daten über ihre User speichern zu müssen.

»Schnüffelnde ISPs oder Hacker könnten zu einer enormen Bedrohung der Privatsphäre mit Orwell’schen Ausmaßen werden«, sagt Ixquick-CEO Robert E.G. Beens. »Deshalb haben wir beschlossen, unsere Webseiten zu 100 Prozent auf SSL-Verschlüsselung umzustellen, um die Privatsphäre unserer Nutzer bei ihren Internet-Recherchen zu schützen.«

Alle Besucher von Ixquick.com und der Schwester-Suchmaschine Startpage.com profitieren von dem neuen Verschlüsselungs-Service, der sie automatisch auf eine sichere Webseite umleitet. Die Benutzer sehen die Buchstaben »https« in der URL-Leiste. Damit wird angezeigt, dass alle Daten in verschlüsselter Form übertragen werden. Jeder Hacker oder Lauscher, der sich Zutritt zu der Verbindung verschaffen will, sieht nichts als Kauderwelsch.

Zweierlei Verständnis von »SSL-Verschlüsselung«

Andere Suchmaschinen wie Google, Yahoo und Bing folgen mittlerweile dem Vorbild von Ixquick und bieten ebenfalls eine »SSL-Verschlüsselung« an. Allerdings kann bei diesen Anbietern der vermeintliche Privatsphäre-Vorteil durch die Verwendung von SSL irreführend sein, da diese Suchmaschinen ihrerseits sowohl die IP-Adressen ihrer Nutzer als auch umfangreiche Datenmengen über deren Suchanfragen speichern und weiterverwerten.

Diese Suchanfragen offenbaren eine unüberschaubare Fülle von persönlichen Informationen: sie dokumentieren beispielsweise Ihre Interessen, Ihre Familienverhältnisse, Ihr Freizeitverhalten, Ihre politischen Überzeugungen, Ihren Gesundheitszustand und vieles mehr. Diese Informationen stellen eine wahre Goldgrube für Marketingspezialisten, Arbeitgeber, Behördenmitarbeiter, Hacker und Kriminelle dar, die allesamt gern in den Besitz Ihrer persönlichen Suchdaten kommen möchten.

»Wenn Sie Ixquick.com oder Startpage.com verwenden, wird Ihre IP-Adresse nicht erfasst, Ihr Besuch nicht aufgezeichnet und es werden auch keine Tracking-Cookies auf Ihrem Browser platziert«, erklärt Beens. »Tatsächlich erheben wir überhaupt gar keine Informationen über unsere Nutzer. Nothing. Nada. Null!«

Ixquick kombiniert Ergebnisse vieler führender Suchmaschinen, Startpage wiederum erhält nur die Google-Suchergebnisse und liefert sie unter absoluter Wahrung des Datenschutzes an die User. Über den Besuch der Nutzer werden keinerlei Aufzeichnungen gemacht.

Über Ixquick: »Die privateste Suchmaschine der Welt«

Ixquick ist eine preisgekrönte und von unabhängiger Stelle zertifizierte Suchmaschine, die vollkommene Anonymität bietet. Es ist die einzige Suchmaschine, die über einen kostenlosen Proxy-Dienst verfügt und die erste, die eine SSL-Verschlüsselung im Portfolio hatte. Ixquick erhielt das begehrte EuroPriSe-»Gütezeichen« für herausragende Privatsphäre- und Datenschutz-Praktiken. Die Suchmaschine wurde darüber hinaus von Certified Secure zertifiziert und ist bei der niederländischen Datenschutzbehörde registriert.

Siehe dazu auch: Kennen Sie … ixquick?, Ixquick bietet neuen Proxy-Service und Ixquick bietet neuen Proxy-Service (2).

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Fachredaktionen als Basis der journalistischen Qualitätssicherung

(jm)
Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse (AGRA) richtete in ihrer »Bremer Erklärung« vom 11. November 2011 an die Intendantinnen und Intendanten den Appell, die Fachredaktionen in den Sendern zu erhalten und zu stärken. Inhaltliche Qualität der Programme als Existenzgrundlage und Unterscheidungsmerkmal der öffentlich-rechtlichen Sender könnten nur Beiträge gewährleisten, die von Redakteuren mit Fachkompetenz recherchiert und erstellt werden würden.

Bei ihrer Tagung in Bremen machten die Mitglieder der AGRA bei den Sendern die Tendenz aus, ausscheidende Fachredakteure nicht zu ersetzen und Fachredaktionen abzuschaffen. Im immer härter werdenden Wettbewerb um Zuschauer, Hörer und Online-User sei es aber notwendig, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihre Kompetenz in der Berichterstattung festigten. Dazu müsse in den Redaktionen entgegen der aktuellen Entwicklung Fachwissen erhalten und gefördert werden sowie die Aus- und Fortbildung der Fachredakteure ausgebaut werden. Die AGRA setzt sich dafür ein, verstärkt unter den freien und festen Redakteuren Fachleute zu identifizieren, zu fördern und deren Wissen und Kompetenz in den Redaktionen effektiver zu nutzen.

Die »Bremer Erklärung« vom 11. November 2011 im Wortlaut:

Die AGRA sieht die Tendenz, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihre Kompetenz in der Berichterstattung verlieren, wenn es ihnen nicht gelingt, bei knapper werdenden Mitteln ihre Qualität zu sichern.

Uns sind dabei folgende Punkte wichtig:

1. ]  Unsere Reputation ist davon abhängig, dass weiterhin Fachredakteure zu Gerichtsverhandlungen, Kongressen, Pressekonferenzen gehen und dort qualifizierte Fragen stellen, um komplexe Vorgänge einordnen zu können. Wir hören aber, dass ausscheidende Fachredakteure manchmal nicht ersetzt werden und Fachredaktionen abgeschafft werden. Wir wünschen, dass Fachwissen erhalten und gefördert wird. Die Aus- und Fortbildung muss unterstützt werden, feste und freie Fachredakteure müssen auch dafür bezahlt werden, dass sie am Thema dranbleiben, um Kompetenz zu erhalten und Kontakte zu pflegen – nicht nur für die aktuelle Berichterstattung. Erfolg versprechend können auch Fachsendeflächen sein. Es ist belegt, dass diese über das Internet viele neue Nutzer gewinnen. Wir schlagen vor, dass unter den Freien und festen Redakteuren Fachleute identifiziert und gefördert werden und dass ihr Wissen mehr genutzt wird.

Wir unterstützen positive Ansätze wie den Aufbau von Recherchepools. Nur so können die Sender über den Terminjournalismus hinaus eigene Themen setzen.

2. ]  Viele Freie bekommen Recherchetage und Reisen häufig nicht bezahlt. Des Weiteren sollen sie neben ihrer Autorentätigkeit mehr Ausspielwege bedienen, selber aufnehmen, drehen und schneiden. Dafür werden sie aber oftmals nicht gesondert honoriert.

Freie Mitarbeiter und fest angestellte Redakteure arbeiten immer häufiger als Generalisten. Die Gefahr besteht, dass sie dann komplexe Themen nicht mehr einschätzen können. Sie sind leichter zu beeinflussen von Lobbyisten. Sie laufen Gefahr, gerade unter Zeitdruck, Pressemeldungen und PR-Infos ungeprüft zu übernehmen.

Unter diesem Druck ist es schwierig, hochwertige Produkte zu erstellen. Die Folgen der Arbeitsverdichtung gelten auch für Festangestellte.

3. ]  Redaktionsvolontäre berichten, dass in der Ausbildung technische Aspekte und die Beherrschung von Aufnahme- und Ausspielformen immer mehr Raum einnehmen. Das gehe zu Lasten inhaltlicher Aspekte wie Darstellungsformen, Dramaturgie, Interviewtechniken etc.

Natürlich ist es wichtig, alle neuen Ausspielwege zu erschließen, um die Zuschauer, Hörer, User dort abzuholen, wo sie sind. Aber das journalistische Handwerk sollte an erster Stelle stehen.

Sendeflächen müssen mit guten Inhalten gefüllt werden. Gerade in einer komplexer werdenden Medienwelt setzt sich nur Qualität durch. In einer komplexen, unübersichtlichen Welt suchen die Menschen nach Einordnung und Erklärung durch kompetente Journalisten.

4. ]  Wir beobachten den Zwang, immer mehr Programm zu füllen und hören, dass Redakteure keine Zeit mehr haben, die Inhalte mit der gebotenen Sorgfalt zu prüfen.

5. ]  Durch die Tendenz, mit weniger Mitarbeitern mehr Programm zu füllen, geht häufig der innerbetriebliche Austausch verloren (Job Rotation). Wir fordern die Intendantinnen und Intendanten auf, solche Möglichkeiten zu erhalten und zu fördern. Nach unserer Erfahrung erweitern sie den Horizont und verbessern die multimediale Zusammenarbeit. Perspektivwechsel erhöhen die Motivation und führen zu messbar besseren Ergebnissen.

Die Existenzgrundlage der öffentlich-rechtlichen Sender darf nicht aufs Spiel gesetzt werden: Qualität ist das beste Argument fürs Überleben. Nur die öffentlich-rechtlichen Sender können aufwändig recherchierte Inhalte liefern, die die Gebührengelder rechtfertigen. Die inhaltliche Qualität ist das dauerhafte Unterscheidungsmerkmal.

Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse bietet sich den Intendantinnen und Intendanten für einen Austausch über die Qualitätssicherung an.

Quelle: AGRA-Blog vom 16.11.2011

Mehr denn je bedeutet diese Entwicklung auch mehr Selbstverantwortung: Nehmen Sie Ihre Informations- und Medienkompetenz selbst in die Hand. Prüfen Sie selbst, recherchieren Sie selbst, fragen Sie persönlich nach den Hintergründen des Geschehens, nach Motiven von Akteuren. Entwickeln Sie hohe persönliche Maßstäbe für gute Informationen, entwickeln Sie Ihr eigenes Qualitätssystem zur Orientierung in schwierigen Zeiten – denn Sie können nicht darauf bauen, dass andere es für Sie tun.

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Kontroversen als Schlüssel zum Fachjournalismus?

(jm)
Wissenschaftliche, wirtschaftliche, politische, medizinische oder kulturelle Kontroversen stellen eine besondere Herausforderung auch für Fachjournalisten dar. Allround-Journalisten neigen bereits mangels fachlicher Vorbildung oft dazu, in Kontroversen selbst zum Akteur zu werden und vorschnell ausschließlich zugunsten einer bestimmten Sichtweise zu argumentieren.

Damit verletzen sie einen wesentlichen Grundsatz journalistischer Sorgfaltspflicht: »Man höre auch die andere Seite« (audiatur et altera pars, vgl. Michael Haller 2008, Recherchieren, S. 244). »Der recherchierende Journalist sollte zu keiner Zeit versucht sein, einen urteilenden Richter zu spielen, der per Beweis eine unter vielen Versionen für die einzig wahre erklärt« (Haller 2008, S. 111).

Andererseits besteht auch für fachlich einschlägig vorgebildete Journalisten die Schwierigkeit, ihre eigene, möglicherweise einseitige Sozialisation in den Denktraditionen einer bestimmten wissenschaftlichen »Schule« angemessen hinterfragen zu können. Auch darf der aktuelle wissenschaftliche Diskurs nicht auf – evtl. »verwertbare« – Ergebnisse verkürzt werden. Man muss es dem Leser durchaus zumuten, eine offene Diskussion mit gegensätzlichen Positionen aushalten zu können, ohne bereits endgültige »Lösungen«, nutzwertige Ergebnisse und eindeutige Handlungsklarheit präsentiert zu bekommen.

Ein Lösungsvorschlag kann sein, die Kontroverse selbst zu thematisieren. Hierfür ist es erforderlich, die Beteiligten und ihre womöglich gegnerischen Positionen zu benennen, Argumente zu hinterfragen, Hintergründe zu skizzieren – und sich als Journalist keine der Positionen selbst zu eigen zu machen.

In seinem Artikel »Mehr Überblick und Hintergrund statt nur Diskursfragmente« präsentiert der Autor Stefan Riedl – in Anlehnung an den Herausgeberband »Kontroversen als Schlüssel zur Wissenschaft?« – zu diesem Thema sieben journalistische Umsetzungsempfehlungen, exemplarisch dargestellt am Beispiel gesundheitswissenschaftlicher Kontroversen:

1 ]  Wird ein wissenschaftliches Thema kontrovers diskutiert, ist es objektiver, die Kontroverse selbst zu thematisieren, als nur über aktuelle Diskursfragmente zu berichten.

2 ]  Das Wesen einer wissenschaftlichen Kontroverse wird erfasst, indem die relevanten Meldungen der wichtigen Lager dargestellt werden.

3 ]  Werden einzelne Argumente thematisiert, sollte differenziert werden, welcher zugrunde liegende Konfliktstoff betroffen ist und welcher nicht.

4 ]  Hohn, Spott und Schmähkritiken aus einem wissenschaftlichen Diskurs sollte sich der Medienakteur nicht zulasten einer neutralen journalistischen Position zu eigen machen, sondern sprachlich eng an die Quelle binden.

5 ]  Die Positionen einzelner Lager im Diskurs werden oft erst durch die Vermittlung von Hintergrundinformationen verständlich.

6 ]  Durch eine klare Trennung von Sachverhalten und Deutungen bleibt auch auf schwierigem journalistischen Terrain die Objektivität gewahrt.

7 ]  Wird eine wissenschaftliche Kontroverse aufgrund einer Paradigmenauseinandersetzung als Disput geführt, zeigt dieser Zusammenhang die Hintergründe des Streits auf.

Literaturempfehlung: Wolf-Andreas Liebert / Marc-Denis Weitze [Hrsg.]: Kontroversen als Schlüssel zur Wissenschaft? – Wissenskulturen in sprachlicher Interaktion, Bielefeld 2006, 214 S., ISBN 978-3-89942-448-5, 24,80 €.

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