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Postwurfsendungen und informationelle Selbstbestimmung

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Das Zusenden von Postwurfsendungen gegen den ausdrücklichen Willen des Empfängers stellt einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar, urteilte das Landgericht Lüneburg am 30.09.2011. Die Deutsche Post als Beklagte hat das Urteil (4 S 44/11) jetzt durch Revisionsverzicht rechtskräftig werden lassen. Geklagt hatte ein Lüneburger Rechtsanwalt.

Nach Auffassung des Landgerichts Lüneburg stellen Postwurfsendungen, die der Empfänger erkennbar nicht wünscht, stets eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG dar. Für diese »Erkennbarkeit eines entgegenstehenden Willens« ist es nach Auffassung des Landgerichts nicht erforderlich, dass ein Kunde ein Schild mit der Aufschrift »Werbung – nein danke« o. ä. an seinem Briefkasten anbringt, denn dies würde dazu führen, dass der Kunde überhaupt keine Postwurfsendungen mehr erhält.

Individuellen Kundenwünschen gerechtwerden

Durch Berufung auf das neue Urteil hingegen haben Kunden jetzt die Möglichkeit, den Erhalt ganz bestimmter, individuell nicht gewünschter Postwurfsendungen zu unterbinden. Mit anderen Worten: es gibt hier kein »Alles-oder-nichts«-Prinzip mehr. Es empfiehlt sich, die Mitteilung an das werbende Unternehmen mindestens durch Faxversand oder ein Einwurf-Einschreiben zu dokumentieren.

Während es sich bei dem Urteil rein formal nur um eine Einzelfallentscheidung handelt, haben Werbeverdrossene nun eine gute und rechtskräftige Grundlage, um unter Berufung auf ihre allgemeinen Persönlichkeitsrechte (bzw. ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht) einzelne Werbefirmen ebenfalls zur Unterlassung weiterer Zusendungen anhalten zu können, ohne sich durch allgemeine Briefkastenaufkleber von sämtlichen Zusendungen abschotten zu müssen. Für die Werbebranche dürfte dieses Urteil daher weitreichende Bedeutung haben.

Es bleibt abzuwarten – und dies ist der entscheidende Bezug zum Innovationsmanagement –, ob die Deutsche Post es auf weitere öffentlichkeitswirksame Verbraucherklagen und weitere, ähnliche Einzelfallentscheidungen ankommen lässt – oder nun individuelle logistische Zustellregelungen findet.

Den Volltext des Urteils finden Sie hier.

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Kommunikation in Projekten: der Comic-Klassiker

(jm)
Der Comic-Klassiker der Projektkommunikation: »Was der Kunde erklärte …« ist wohl weltweit fast jedem Projektmanager bekannt – zumindest inhaltlich aus leidvoller Erfahrung.

Zustimmung und Kopfnicken sind die übliche erste Reaktion, verbunden mit einem: »Ja, genauso ist es«, oder auch einem besorgten: »Woher kennt der Zeichner mein Unternehmen?«

Ein durchaus merkwürdiges Phänomen weltweit: Man fühlt sich von einem Unbekannten sofort verstanden, kann sich länderübergreifend auf Anhieb mit dem Urheber identifizieren. Es soll sogar Projektbüros geben, die sagen: bei diesem Comic ist das spontane »Identifikationspotenzial« zehnmal größer als bei unserer firmeneigenen PR-Hochglanzbroschüre mit unserer »Unternehmensphilosophie« …

Wer immer sich im Projektmanagement verdingt und diese berufliche »Identifikationshilfe« noch nicht kennt, dem soll die Schöpfung eines unbekannten Projektmanagement-Kenners nicht vorenthalten werden:

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[Quelle: Urheber unbekannt]

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Das entscheidende Wissensgebiet – der Kunde

(jm)

Im aktuellen Newsletter 6/2009 der Gesellschaft für Wissensmanagement e.V. (GfWM) ist ein neuer Artikel von mir erschienen: »Das entscheidende Wissensgebiet – der Kunde«. Ich bedanke mich beim GfWM-Redaktionsteam (Stefan Zillich und Christina Mohr) für die freundliche Wiedergabegenehmigung. Sie finden den Newsletter hier; meinen Artikel darin auf den Seiten 14-16 oder – in verlinkter Version – auch hier:

Um dauerhaft am Markt erfolgreich zu sein, benötigen wissensbasierte Unternehmen und Organisationen eine konsequent marktorientierte Ausrichtung an den Bedürfnissen und Wünschen ihrer aktuellen und zukünftigen Kunden. Bei einer Analyse der Literatur zum Thema »Kundenorientierung« und in der Praxis fällt jedoch auf, dass sich nur die Wenigsten grundlegend und konzeptionell mit dem eigentlichen Erkenntnisobjekt beschäftigen: dem Begriff des »Kunden« – und seinen Implikationen für gelungenes Wissensmanagement. In diesem Artikel versucht Jörg Michael eine sprachliche Begriffsannäherung an den Kundenbegriff und leitet daraus Gestaltungshinweise für den gewinnbringenden Umgang mit der Ressource »Kundenwissen« ab.

Das Wort »Kunde« ist verwandt mit »kundtun« und leitet sich etymologisch ab von lat. notus [= bekannt, vertraut, gewohnt, freundschaftlich]. Einerseits ist ein »Kunde« also ein Bekannter und Vertrauter, ein gewohnter Geschäftsfreund, dessen Wünsche und Bedürfnisse für eine Organisation offenkundig sind. Bereits in der sprachlichen Herleitung bedeutet dies also mehr, als lediglich für den Kunden ein Datenbank-, Informationsmanagement- oder Wissensmanagementsystem zu entwerfen und während einer Geschäftsbeziehung personenbezogene Daten und Informationen zu verwalten. Kunden verpflichten vielmehr ein Unternehmen dazu, ihrer kundig zu sein, auf freundschaftliche Weise wechselseitig mit ihnen bekannt zu sein – kurz, sie tatsächlich zu kennen. Bei Kundenbeziehungen geht es somit auch um direkte Bekanntschaft und gegenseitiges Kennenlernen, zu zutreffende Kenntnisse auf Seiten des Unternehmens, um Sach- und Menschenkundigkeit.

Andererseits ist ein »Kunde« eine Person, die einem Unternehmen (wissensbasiert) etwas kündet. Sie ist also im Kommunikationsprozess nicht nur Störquelle (»Das Einzige, was stört, ist der Kunde«), sie ist nicht nur Empfänger (z.B. penetranter kommunikationspolitischer Aktionen im Marketingmix), sondern sie ist primär Sender [wobei natürlich das Sender-Empfänger-Modell (Shannon/Weaver 1948) die komplexen menschlichen und zwischenmenschlichen Dimensionen von Kommunikation nur äußerst unzureichend erfasst. Da es aber gerade in technisch orientierten Kreisen weit verbreitet ist, kann es als Ausgangsüberlegung dafür dienen, warum ein unsachgemäß reduziertes Kommunikationsverständnis die Ursache für viele typische Kommunikationsprobleme ist].

Der Kunde ist in ökonomischen Austauschbeziehungen nicht länger passiver Produktadressat, auf den nur genügend »eingeworben« werden muss, damit er endlich nachgibt und kauft, sondern er ist durch seine bewussten und unbewussten Erwartungen ein entscheidender Mitgestalter des gesamten Unternehmensangebotes und der gesamten Kundenbeziehung. Kunden verpflichten demnach eine Organisation als erstes zum Wahrnehmen, Erfassen und Zuhören – und dazu, dem Kunden (als ihrem eigentlichen »Arbeitgeber«) genügend Äußerungsmöglichkeiten und Einbringungsräume bereitzustellen – bis hinein in die gesamte Wertschöpfungskette (»Open Innovation«).

Davon darf auch das Wissensmanagementsystem einer Organisation nicht ausgenommen sein; im Gegenteil: es sollte vom expliziten und impliziten Wissen des Kunden geprägt und geradezu saturiert sein. Zur Erinnerung: Der Kunde ist es, der durch Kauf oder Nicht-Kauf über die Qualität eines Produktes bzw. einer Dienstleistung entscheidet; es sind nicht die TQM-Aktivitäten oder die Zertifizierung. Einem solchen (noch dazu kostenlosen) Unternehmensberater – der darüber hinaus die Gehälter eines Unternehmens bezahlt, der dessen Arbeitsplätze sichert und damit auch sämtliche Wissensmanagementprozesse finanziert – sollte man vielleicht als Unternehmen etwas mehr Gehör schenken, mehr Mitspracherechte einräumen, mehr (auch körperliche) Mitgestaltungsräume bieten. Das entscheidende Wissensgebiet eines Unternehmens ist eine individuelle Persönlichkeit – der Kunde.

Der Kunde – ein personales Wissensgebiet? Das vielleicht entscheidende Wissensgebiet eines Unternehmens? Betrachtet man ältere Wortverbindungen mit dem Bestandteil »Kunde« – wie etwa Naturkunde, Heilkunde, Sachkunde –, erscheint eine zeitgemäße Interpretation durch den Begriff »Wissensgebiet« oder »Wissensdomäne« durchaus angezeigt [vgl. dazu den Beitrag zu »Kunde« im Wiktionary unter »Substantiv, f«; als ältere Bedeutung des Wortes »Kunde« ist dort neben »Nachricht« auch »Wissensgebiet« explizit genannt].

Möglich wäre der Einwand: Ist das mehr als nur deutsche Begriffsgeschichte? Wie verhält es sich beispielsweise im Englischen mit dem Begriff »customer«? – Abgeleitet von lat. »consuetudo« [= Gewohnheit, Brauch, Sitte, Verkehr, Lebensweise, Sprachgebrauch] und verwandt mit lat. »consuetio« [= vertrauter Umgang], reicht der Begriff »customer« weit über die juristischen Nebenbedeutungen im Zoll- und Gewohnheitsrecht hinaus [z.B. customs = Zoll, customs officer = Zollbeamter, customs clearance = Zollabfertigung]. Die Idee des »vertrauten, freundschaftlichen Umgangs« wird z.B. noch verstärkt durch eine weitere Nebenbedeutung von »consuetudo« bzw. »consuescere«, die auf den »gewohnheitsmäßigen, zärtlichen Umgang der Ehepartner miteinander« hindeutet – also menschlich sehr tiefgehende Formen von explizitem und implizitem Wissen.

Auch »custom-made« [= maßgefertigt] betont im amerikanischen Raum das Maßnehmen am tatsächlichen Maß des Menschen, an den individuellen Gewohnheiten des »customer«, an seinen Gebräuchen, seiner Lebensweise. Der »customer« möchte Produkte und Dienstleistungen, die zu ihm »custom-made« persönlich passen, nicht solche, von denen das Unternehmen lediglich egozentrisch behauptet, das sei »Qualität«. Schon die Wortherkunft des »customer« verbietet es daher, ihn via Milliardenbudgets mental »kaufwillig« zu klopfen und an die eigenen Produkte und Dienstleistungen »zwangsanpassen« zu wollen; oder gar in die organismische Lebensweise eines Unternehmens (!) mittels „customization« den Fremdkörper einer »Standardlösung« einzupflanzen, die (mangels Kompatibilität mit den gelebten betriebsindividuellen »customs«) naturnotwendig Widerstände, Akzeptanzdefizite und Wertschöpfungsverluste nach sich zieht. Leider findet sich in kaum einem Standardwerk zum »Customer Relationship Management« etwas über die tiefere Bedeutungsdimension des Wortes »customer« und dessen vielfältige Bezüge zum personengebundenen, kontextsensitiven Wissensmanagement; nach diesem Grundlagenkapitel hätte sich vermutlich der Rest des Buches von selbst »erledigt«.

Der Kunde als »immaterieller Vermögensbestandteil« des Unternehmens verkörpert als »Wissensgebiet« in seiner Person und in seinen vielfältigen Äußerungsdimensionen etwas, was das Unternehmen auf keine andere Weise – und auch nicht durch professionelle Unternehmensberater – erhalten kann: personales Tiefenwissen aus dem Lebenskontext des Kunden, relevante Problemanzeigen und Lösungsinformationen aus erster Hand. Das bedeutungsreiche und etymologisch gehaltvolle Wort »Kunde« signalisiert: Der Kunde (als Person) verkörpert eine Kunde (als explizite Botschaft aus einer impliziten Wissensdimension). Das meiste jedoch bleibt ungesagt, weil körpergebunden. Hieß es in mittelalterlichen Texten: »Der Kundschafter bringt die frohe Kunde von …«, so deutet dies auf den Kundschafter als nicht-austauschbaren Träger einer expliziten Kunde und einer impliziten Wissensdimension hin. Der Kunde ist somit die wichtigste Kunde (!), der eine Organisation überhaupt je zuhören kann – die personengebundene Kunde (!) aus dem sozialen Lebenskontext des Kunden.

Die größten Entwicklungsengpässe und Erfolgspotenziale eines Unternehmens stecken also meist dort, wo die Unternehmen sie noch kaum lokalisieren: im Kopf und in der Hand des Kunden. In ein zeitgemäßes Organigramm sollte der Kunde daher integriert sein; und zwar nicht nur alibihaft und schlagwortartig (»der Kunde ist König«), sondern er sollte, eingebettet in eine zeitgemäße Marketingphilosophie und unterstützt durch ein Wissensmanagementsystem mit menschlichem Antlitz, als »organisationales Primärsignal« den Primat und die Spitze der unternehmensweiten Wissensressourcen, Informationsflüsse und Kommunikationsströme bilden und abbilden dürfen.

Die Nase vorn im wissensbasierten Wettbewerb haben auch in Zukunft solche Unternehmen, die die größte und wichtigste Wissensdomäne (d.h. ihre »maßgeblichen« und »entscheidenden« Kunden) zu respektieren und in ihre Geschäftsprozesse so tief wie möglich zu integrieren wissen. Es sind Unternehmen, die insbesondere das implizite Wissen ihrer Kunden emotional intelligent so zu re-konstruieren und in überlegenen wissensbasierten Kundennutzen zu transformieren vermögen, dass sie langfristig aus der anfänglich bloßen »Zufriedenheit« eines Zufallskäufers einen nachhaltigen Kundenlebenszeitwert entwickeln und erzielen.

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Lokaljournalismus mit 5000 Meilen Luftlinie

(jm)

MumbaiStellen Sie sich einmal vor, Sie sitzen morgens am Frühstückstisch – und Ihre gewohnte lokale oder regionale Tageszeitung präsentiert sich irgendwie anders als sonst: Im Regionalteil lesen Sie statt der gewohnten »Ortsmarke« Ihres Heimatortes, einer nahegelegenen Großstadt (oder überhaupt einer deutschen Stadt) überall als Ortsmarke »Mumbai«, »Bangalore« und »Delhi«. Sie werden stutzig und unruhig, obwohl: Nach wie vor enthält Ihre örtliche Tageszeitung lokale und regionale Nachrichten. Sie entspannen sich wieder. Vielleicht war das ja nur ein einmaliges Versehen, ein schlechter Scherz. Dennoch: Irgendwie werden Sie das komische Gefühl nicht los, als kenne sich der Redakteur mit den örtlichen Befindlichkeiten und Stimmungslagen neuerdings nicht besonders gut aus. – Sie beschließen, der Sache nachzugehen.

Sie greifen zum Telefonhörer und rufen in der Redaktion an. Ihr Gesprächspartner erklärt Ihnen, ja, das stimme, die Lokalredaktion bestehe ab sofort aus Kostengründen überwiegend aus indischen Journalisten, die ausschließlich via Internet und eMail arbeiteten. Sie erfahren weiter: Ja, Interviews mit lokalen Größen führe man nun von Indien aus per Webcam, und die Videos lokaler Ratssitzungen schicke man zur journalistischen Auswertung extra an einen indischen Journalisten, der selber persönlich ein paar Jahre in Deutschland gelebt habe – und sogar schon mal zwei Tage in Ihrer Heimatstadt verbracht habe. »Ein Glücksfall bei der Personalbesetzung!« jubelt Ihnen die Stimme am anderen Ende der Leitung in den Hörer. – Und irgendwie gelingt es Ihnen nicht, sich mitzufreuen.

Was für deutsche Ohren wie Utopie klingt, befindet sich im amerikanischen Lokaljournalismus seit Jahren in kleinen »Testlaboren«: Beispielsweise übertrug der amerikanische Ex-Textilproduzent James Macpherson mit seiner »Online-Lokalzeitung« „Pasadena Now“ schon kurzerhand die kostenrechnerischen Gepflogenheiten der Textilindustrie auf ein lokaljournalistisches Internetangebot – und lässt die amerikanische »Lokalzeitung« „Pasadena Now“ mittels eines virtuellen Netzwerks indischer Journalisten fast komplett in Indien verfertigen. Das Magazin für politische Kultur »Cicero« berichtete bereits in seiner Februar-Ausgabe; weitere Artikel zum Thema finden Sie beispielsweise beim Kölner Stadt-Anzeiger, beim Deutschlandradio und bei Sebastian Moll.

Natürlich mag ein solches Geschäftsmodell attraktiv erscheinen für einen »Verleger« und  »Chefredakteur« wie Macpherson, der früher als Textilproduzent beruflich in Vietnam nähen ließ. Oder auch für den einen oder anderen deutschen Verlagsmanager mit Söldnermentalität, dem jene »Liebe zum Zeitungmachen« abgeht, von der die Verlegergeneration nach dem zweiten Weltkrieg noch erfüllt war. Wer weiß: Vielleicht hätte ja das eine oder andere entlassungsfreudige Medienhaus ein solches »Geschäftsmodell« bereits mit Kusshand implementiert, wenn es einen größeren Rekrutierungsmarkt deutschsprachiger Inder gäbe? Oder stellen wir die Frage anders: Vielleicht bringen deutsche Zeitungsverleger in Kürze interkulturelle Projekte an den Start, mit denen nicht länger nur Schülerinnen und Schüler deutscher Schulen verstärkt an deutschsprachige Tageszeitungen herangeführt werden sollen, sondern auch Schülerinnen und Schüler indischer Schulen, die dann ein Jahrzehnt später – von Mumbai oder Delhi aus  – mit 5000 Meilen Luftlinie »deutschen Lokaljournalismus« zum Textilindustrietarif betreiben könnten? Wie gesagt: Wer weiß.

Der springende Punkt ist jedoch: Was dem deutschen Verlagsmanager aus der isolierten Bilanz- und Kostenperspektive sinnvoll erscheinen mag, macht aus der Wissensperspektive betrachtet noch lange keinen Sinn. Übersehen werden beispielsweise die immateriellen Erfolgspotenziale, die im individuellen, unwiederbringlich verlorenen Beziehungskapital des einzelnen Wissensträgers liegen, oder in den verloren gegangenen individuellen Zugängen zur Domäne des Kundenwissens. Entlassungen von wichtigen Wissensträgern – wie Redakteuren – aus reinen Kosten- und Renditeüberlegungen beflügeln den Gewinn nicht anders als ein Doping- oder Aufputschmittel: Ein kurzer Höhenflug – gefolgt von einem nachhaltigen Absturz …

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