Regionalwährungen als Innovation endogener Regionalentwicklung

(jm)
»Der Begriff Regionalentwicklung hat in den letzten Jahren den Bereich der reinen Fachwelt verlassen. Das Thema wird mehr und mehr auch in der breiten Öffentlichkeit diskutiert, der Begriff taucht zunehmend in den Medien auf. Regionalentwicklung hat Konjunktur«, heißt es in einer Fachbroschüre zum Thema.

Noch wenig bekannt sind allerdings die in Deutschland bestehenden Regionalwährungen. Einen ersten Zugang zum Thema erschließt die Dissertation »Regionalwährungen in Deutschland« von Marit Sademach [2012].

Der Nomos-Verlag schreibt in seiner Ankündigung:

»Die Autorin widmet sich einem Gegenstand, von dessen Existenz viele zunächst überrascht sein dürften. Regionalwährungen passen eigentlich nicht zur Vereinheitlichungstendenz, die zur Einführung des Euro als gemeinsame Währung in Europa führte. Dennoch laufen Regionalgelder bereits in über 40 Städten und Gemeinden um, weitere Initiativen planen eine Herausgabe. Das damit auch rechtliche Fragen verbunden sind, liegt auf der Hand. Dennoch gibt es zu diesem Phänomen bislang noch keine Rechtsprechung. Auch die juristische Literatur hat das Thema bisher fast völlig unbeachtet gelassen. Mit der vorliegenden Arbeit betritt die Autorin deshalb Neuland.

Ihr Ziel ist die rechtswissenschaftliche Aufarbeitung der mit der Herstellung, Ausgabe und Verwendung von Regionalwährungen verbundenen Fragestellungen. Im Interesse eines besseren Verständnisses des Rechtsthemas geht die Autorin dabei auch auf die Funktionsweise von Regiogeldern, ihre Zielsetzungen sowie den geistigen Hintergrund und historische Vorläufer ein. Die Arbeit richtet sich damit nicht nur an Währungsrechtler und Befürworter alternativer Geldsysteme, sondern auch an deren Initiatoren, Verwender und politische Entscheidungsträger.«

Marit Sademach [2012]: Regionalwährungen in Deutschland. Strategie, Hintergrund und rechtliche Bewertung, Nomos.

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Partizipative Regionalentwicklung als moderierter Bürgerdialog

(jm)
Einseitigkeiten in Wahrnehmung, Wirklichkeitskonstruktion und Sprache erweisen sich empirisch evident oft darin, dass notwendige (heilsame) Komplementärbegriffe gleichsam zu fehlen scheinen. Würde man in repräsentativen Umfragen beispielsweise nach komplementären Begriffen (und Trends) zum Stichwort »Globalisierung« fragen, würden vermutlich nicht viele der Befragten auf Anhieb den korrespondierenden lebensweltlichen Bezug zu Konstrukten wie »Regionalisierung« bzw. »Lokalisierung« erkennen.[1] Durch diese Brille betrachtet, scheint Globalisierung »alternativlos« zu sein – und daher möglicherweise per se erstrebenswerter – als vermeintlich kleinbürgerliche »Provinzialität«.

Direkte lokale und regionale Bürgerbeteiligung hingegen ist spätestens seit »Stuttgart 21« bundesweit neu ins Bewusstsein des Volkes gerückt: Bürgerinnen und Bürger interessieren und engagieren sich wieder vermehrt für die Gestaltung und Zukunft ihres geographisch-sozialen Lebensraums.[2] Lokale und regionale Raumentwicklung werden Gegenstand öffentlich-medialer Prozesse materieller und immaterieller Güterabwägung, sogar harter Kontroversen und schwerer Konflikte.

Offensichtlich also reicht es im 21. Jahrhundert nicht länger aus, lokale und regionale öffentliche Projekte verwaltungsrechtlich »einwandfrei« nur durch die formellen Entscheidungsinstanzen zu bugsieren. Bürgerinnen und Bürger wollen vielmehr gerade bei politisch motivierten Projekten mehr denn je persönlich angesprochen, gehört, involviert und emotional »mitgenommen« werden, anstatt »vor vollendete Tatsachen« gestellt zu werden – sie wollen sich aktiv beteiligen, vor Ort an der politisch-strategischen Regionalentwicklung »partizipieren«. Erfahrungsgemäß kommt hinzu, »dass sich Bürgerinnen und Bürger meistens erst dann für die Projektfolgen interessieren, wenn diese ganz konkret werden.«[3]

Solche Partizipation ist durchaus im Sinne moderner endogener (eigenständiger) Regionalpolitik: eines ihrer wesentlichen Elemente ist die Stärkung regionaler Selbstorganisationsfähigkeiten und lokaler Eigenverantwortung durch die aktive Mit- und Selbstbestimmung der Bevölkerung vor Ort.[4] Angedacht ist: Wenn unterschiedliche Kompetenzträger auf diese Weise gemeinsam für eine Region Verantwortung tragen und sowohl effektiv als auch effizient zusammenwirken,[5] können Lebensräume nachhaltig dem abgewogenen Gesamtwohl und nicht nur überhöhten lobbygesteuerten Partikularinteressen dienen – und so »ihre maximale Selbstwirksamkeit entfalten.«[6]

Steter Stein des Anstoßes bei der strategischen Entwicklung einer Region ist es nun, das genaue »Wie« der durchaus konfliktären Güterabwägung im Licht der Öffentlichkeit und im Rahmen der freiheitlich-demokratischen[7] Grundordnung möglichst transparent abzubilden: Wie findet und priorisiert eine Region unter teils restriktiven Budgetbedingungen[8] ihre langfristig-strategisch wirkungsvollsten Projekte, und wie integriert sie am sinnvollsten den regionalen Bürgerwillen, das »Gemeinwohl« sowie alle divergierenden Partikularinteressen in den Gesamtprozess bis hin zur Maßnahmenumsetzung?

Hier sind die vielzitierten »mündigen Bürgerinnen und Bürger« einer Region gefragt und unter komplexen Bedingungen herausgefordert, hier sind gereifte und ausgewogene Einschätzungen wichtiger als kurzsichtige Willensdurchsetzung auf Kosten anderer; hier sind, kurz gesagt, kompetente und gereifte Erwachsene – im umfassendsten Sinne des Wortes – das wohl zukunftsträchtigste »Kapital«[9] einer Region.

In einer ersten Näherung kann daher gefolgert werden: Stärkere partizipative Regionalentwicklung führt im 21. Jahrhundert zu neuen Anfragen an die regionale Erwachsenenbildung, insbesondere an die Heran- und Herausbildung, an die Identifizierung und Zusammenführung erwachsener, mündiger, gereifter, lebenserfahrener Menschen als Teams, als moderierte Projektgruppen und Netzwerkpartner im regionalen Vor-Ort-Kontext.

Als eine mögliche neue Prozessunterstützungsmethode der strategischen Regionalentwicklung kommt hier die »Wissensbilanz – Made in Germany«[10] ins Spiel, die im Jahr 2004 als Projekt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi)[11] unter Federführung des Fraunhofer Instituts für Produktionsanlagen und Kommunikationstechnik (IPK) ausgestaltet wurde[12] und die, wenngleich noch wenig bekannt, seitdem zum »state of the art« wissensbasierter Organisationsführung und zeitgemäßer zukunftsorientierter Controllingstrategie gehört.

Ganz im Sinne des Wissensbilanz-Pioniers Leif Edvinsson[13] hat zuletzt die Arbeit von Mauch (2011) aufgezeigt, wie mit Hilfe dieser moderierten workshopbasierten Evaluationsmethode, ausgestaltet als Bürgerreport bzw. »regionale Wissensbilanz«[14], ein Prozess der Nutzung des impliziten regionalen Wissens[15] der Bürgerinnen und Bürger sogar für eine Kommune, einen Landkreis oder eine größere Region entwickelt werden kann und wie die hierzu bereiten und fähigen Bürgerinnen und Bürger sich vor Ort repräsentativ einbringen können.[16] Es geht damit auch um einen lernenden Organismus von vielfältig-kompetenten erwachsenen Menschen, die sich temporär und projektbasiert verbinden zur Evaluation und Gestaltung des gesamt-optimalen zukünftigen Regionalumfeldes – was wiederum in bisherigen Definitionen, Konstrukten und methodischen Ansätzen zur regionalen Erwachsenenbildung so nicht explizit aufscheint.

In bekannten Definitionen zur regionalen Erwachsenenbildung (z.B. Nuissl[17]) sind diese noch zu bezeichnenden Kompetenzen nicht im Zusammenhang mit dem »state of the art« in der endogenen Regionalentwicklung und regionalen Wissensbilanzierung auskonturiert, so dass hier eine Forschungslücke besteht. Daher wird mit der in Kürze erscheinenden Arbeit »Partizipative Regionalentwicklung als moderierter Bürgerdialog« insgesamt Neuland betreten. Um diese Lücke aber zu schließen, wären wohl umfangreiche interdisziplinäre Monographien erforderlich, so dass die Arbeit sich lediglich als erste thematische Relevanzanzeige versteht.


[1] Vgl. Nuissl (2010): Internationalisierung, in: Arnold/Nolda/Nuissl (Hrsg.) (2010): Wörterbuch Erwachsenenbildung, S. 166; vgl. auch Siegert (2004), Erfolgsfaktoren von Regionen, S. 13-14

[2] Vgl. Voigt (2010): Die Informiertheit der Bürger steigt, in: Stuttgarter Zeitung vom 20.07.2010

[3] Mauch (2011), Moderierter Bürgerdialog, S. 38

[4] Vgl. Mauch (2011), Moderierter Bürgerdialog, S. 22; ähnlich auch Reupold/Strobel/Tippelt (2011): Vernetzung in der Weiterbildung: Lernende Regionen, in: Tippelt/von Hippel (Hrsg.) (2011): Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung, S. 579

[5] Vgl. Mauch (2011), Moderierter Bürgerdialog, S. 22

[6] Mauch (2011), Moderierter Bürgerdialog, S. 22

[7] Ganz im Sinne der dezentralisierten endogenen Regionalentwicklung ist es bedeutsam, dass „demos“ im Griechischen – abweichend zu vielstimmiger Auskunft – nicht nur „Volk“ bedeutet, sondern auch „Dorf“.

[8] Vgl. Mauch (2011): Moderierter Bürgerdialog, S. 14

[9] Vgl. Edvinsson / Brünig (2000), Aktivposten Wissenskapital, S. 11

[10] Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.) (2008):Wissensbilanz – Made in Germany. Leitfaden 2.0, S. 5

[11] Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.) (2008):Wissensbilanz – Made in Germany. Leitfaden 2.0, S. 4

[12] Bornemann / Reinhardt (2008): Handbuch Wissensbilanz, S. VII

[13] Edvinsson / Bounfour (Hrsg.) (2005): Intellectual Capital for Communities, Regions, Nations, and Cities

[14] Mauch (2011): Moderierter Bürgerdialog, S. 40 ff.

[15] Vgl. Mauch (2011): Moderierter Bürgerdialog, S. 54-56; sowie grundlegend Polanyi (1985): Implizites Wissen, S. 13-31

[16] Vgl. Mauch (2011): Moderierter Bürgerdialog; sowie Edvinsson / Bounfour (Hrsg.) (2005): Intellectual Capital for Communities, Regions, Nations, and Cities

[17] Vgl. Nuissl (2010): Regionale Erwachsenenbildung, in: Arnold/Nolda/Nuissl (Hrsg.) (2010): Wörterbuch Erwachsenenbildung, S. 258

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Wie sich »Projektitis« in Unternehmen auswirkt …

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Quelle: Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von 1.00 FTE.

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GfWM Themen: 2. Ausgabe erschienen

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Die Gesellschaft für Wissensmanagement e.V. (GfWM) hat im Dezember 2011 mit der neuen Fachpublikation »GfWM THEMEN« ihr Veröffentlichungsspektrum erweitert. Die zweite Ausgabe der »GfWM THEMEN« vom April 2012 ist ab sofort hier als 32-seitige PDF kostenlos zum Download erhältlich.

Die neue »GfWM THEMEN« veröffentlicht drei mal jährlich – jeweils im April, August und Dezember – mehrseitige Fachartikel sowie hochwertige Praxisbeiträge, Expertenmeinungen und Praktikerkommentare mit dem besonderen Fokus »Wissensmanagement«.

Geplant ist, eine ganzheitliche Sichtweise des Themas abzubilden, die die drei Dimensionen des Wissensmanagements – Mensch, Organisation und technische Infrastruktur – ausgewogen berücksichtigt.

Beiträge dieser Ausgabe:

  • Jochen C. Werth: Information und Wissen in Netzwerken: Die Rolle von Netzwerken in der Finanzierung von Startups
  • Dr. Olaf Rippe: Schreiben im Wissensmanagement
  • Ulrich Schmidt: Essay über die Instrumente für das Management im 21. Jahrhundert – Was zeichnet sie aus und was hat das mit Wissensmanagement zu tun?
  • Dipl.-Kfm. Ronald Orth und Stefan Voigt: Prozessorientiertes Wissensmanagement in kleinen und mittleren Unternehmen

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Unternehmens- und Karriereberater: Ehrlichkeit erst im Ruhestand?



Quelle: Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von 1.00 FTE

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