Archiv der Kategorie: Unternehmenskultur

Open Innovation im mittelständischen Maschinenbau

(jm)
Immer mehr Unternehmen öffnen nach und nach ihren Innovationsprozess, um Wissensdomänen und Innovationspotentiale außerhalb des Unternehmens aktiv strategisch zu erschließen und insbesondere das Lösungswissen ihrer Kunden in neue marktfähige Produkte, Dienstleistungen, Geschäftsprozesse und gelebte Strukturen einfließen zu lassen. Wesentliche Treiber dieses Öffnungsprozesses sind beispielsweise kürzer werdende Produktlebenszyklen, Zeit- und Kostendruck oder der Integrationsdruck innerhalb der Lieferanten- und Wertschöpfungskette.

In ihrer Dissertation »Open Innovation im mittelständischen Maschinenbau« [2012] geht Daniela Putsch der Frage nach, wie insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in der Maschinenbaubranche vom Open-Innovation-Ansatz profitieren können. Hier dominiert oft noch ein einseitig technologieorientierter Innovationsbegriff. Wenig Verständnis hingegen gibt es im Alltagsgeschäft der Branche für möglicherweise mit dem Öffnungsprozess korrespondierende, soziale und soziologische Innovationen in der gelebten Unternehmenskultur.

Aus dem Ankündigungstext des Verlages Dr. Kovač:

»Innovationen gelten schon lange nicht mehr als »Lone-Hero«-Erfolgs­geschichten, sondern werden vielmehr durch die Interaktion und Vernetzung unterschiedlichster Akteure, wie beispielsweise Kunden, Lieferanten oder universitären Einrichtungen vorangetrieben. Hervorgerufen wird diese Entwicklung durch sich ständig verändernde wirtschaftliche und techno­logische Rahmenbedingungen, wodurch insbesondere der Ressource »Wissen« eine immer größere Bedeutung für den Erhalt der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit zugesprochen wird.

Open Innovation beschreibt in diesem Zusammenhang die zielgerichtete Nutzung von Wissensressourcen über den gesamten Innovationsprozess mit dem Ziel, interne Entwicklungszeiten zu verkürzen und neue Märkte zu durchdringen. Sowohl in der wissenschaftlichen Forschung als auch auf Seiten der unternehmerischen Praxis trifft der Open-Innovation-Ansatz seit rund zehn Jahren auf rege Diskussionen.

Bis heute wurden jedochvor allem große, multinationale Unternehmen in den Fokus der Untersuchung gestellt. Zudem wurden in bisherigen Studien oftmals nur einzelne Prozesse betrachtet, so dass eine integrative Analyse von Einflussfaktoren zur erfolgreichen Umsetzung oftmals fehlt.

Nach dem Verständnis der vorliegenden Arbeit kann der Open-Innovation-Ansatz nicht auf eine reine Einzelprozessbetrachtung (z.B. Integration von Lead Usern, strategischen Allianzen etc.) reduziert werden, sondern resultiert vielmehr aus einer ganzheitlichen Betrachtung unter­schiedlicher theoretisch etablierter Methoden der Innovationsforschung. Es wird unterstellt, dass vor allem auch die Untersuchung kontextspezifischer Begleitumstände, wie beispielsweise die Unternehmenskultur und -struktur, zu einem tieferen Verständnis über die erfolgreiche Umsetzung von Open Innovation führt.

Die Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, neben einer theoretischen Fundierung, erfolgswirksame Faktoren anhand von Best-Practice-Fallstudien zu erforschen. Hierfür wurden neun hochinnovative Klein- und Mittel­unter­nehmen aus dem Maschinenbau unter Verwendung qualitativer Forschungs­methoden näher untersucht. Die ganzheitliche Betrachtung legt den Fokus dabei auf die Analyse der Teilbereiche (1) Prozesse, (2) Strukturen, (3) Motivation und Ziele sowie (4) Akteure. Die empirische Analyse erfolgt strukturiert anhand der vorgestellten Kriterien und bezieht sowohl klassische KMU als auch die weiter gefassten Mittelständler in die Untersuchung mit ein.«

Fazit: Als Ergebnis ihrer Dissertation hält Daniela Putsch u. a. fest, dass eine erfolgreiche Implemen­tierung einer Open-Innovation-Strategie nicht auf einzelne theoretische Konstrukte heruntergebrochen werden kann. Es gibt nicht die Vorgehensweise oder die eine entscheidende, universale »Stellschraube«. Nach ihrer Ansicht stellt vielmehr die gelebte Unternehmenskultur – z.B. das Aufbrechen struktureller und funktioneller Engpässe, der Abbau von kognitiven und emotionalen Barrieren sowie eine höhere unternehmerische Toleranz gegenüber Fehlern – eine Grundvoraussetzung für eine effektive Implementierung von Open Innovation dar.

Einmal mehr zeigt sich: auch im Maschinenbau steht und fällt der angestrebte Unternehmenserfolg mit den beschäftigten Menschen – und wie diese Menschen miteinander umgehen.

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Social-Media-Handbuch in zweiter Auflage erschienen

(jm)
Das »Social Media Handbuch« [Michelis/ Schildhauer] erschien im November 2010 in erster Auflage. Es war angetreten, dem Leser einen ersten fundierten Überblick über Theorien, Modelle und Methoden im überaus dynamischen Geflecht moderner »Social Media« zu bieten, und ihm als Baukasten für die eigene Praxis zu dienen. Nun legt der Nomos-Verlag die aktualisierte und deutlich erweiterte zweite Auflage vor.

Vor dem Hintergrund der enorm schnellen Entwicklung im Bereich der digitalen Kommunikation liefern die einzelnen Kapitel übergeordnete Ansätze, die sich nicht an den einzelnen Phänomenen und Technologien orientieren, sondern am grundlegenden Gestaltwandel der voranschreitenden Digitalisierung. In den vergangenen Jahren wurden dazu eine Reihe sehr hilfreicher Bücher mit Lösungsansätzen publiziert, für deren Lektüre jedoch in der betrieblichen Praxis oftmals kaum Zeit bleibt. Das Handbuch schließt diese Lücke und stellt den betrieblichen Praktikern eine Sammlung operativer Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Ein vergleichbar kompakter Überblick ist im deutschsprachigen Raum meines Wissens nicht vorhanden.

Zu den behandelten Theorien und Modellen gehören u.a.:

Der Verlag schreibt in seiner Ankündigung über das Buch: »Die rasante Entwicklung der sozialen Medien macht es nahezu unmöglich, einen Überblick zu behalten. Fast täglich erreichen uns neue Studienergebnisse, die nicht selten die dringende Notwendigkeit suggerieren, so schnell wie möglich selbst aktiv zu werden. In der gleichen Häufigkeit erfahren wir von neuen Anwendungen, innovativen Diensten, Communitys oder Portalen. Die Fülle an diesen Informationen, die tagtäglich auf uns niederprasselt, ist kaum mehr zu beherrschen. Ein nachhaltiger Ansatz besteht darin, einen Schritt zurück zu treten und das Geschehen aus einer übergeordneten Perspektive zu betrachten. Sie dürfen sich nicht an einzelnen Phänomenen orientieren, sondern müssen langfristige Entwicklungen und grundsätzliche Zusammenhänge erkennen. Erst dann zeigt sich eine – erstaunliche – Kontinuität.

Das Social Media Handbuch folgt diesem Weg. Im ersten Teil wird ein kompaktes Strategiemodell für die Entwicklung eigener Lösungen und Strategien beschrieben. Im zweiten Teil werden Theorien, Methoden und Modelle führender Autoren zusammengefasst, die im dritten Teil anhand von Fallbeispielen exemplarisch angewandt werden.«

Michelis/Schildhauer [2012]: Social Media Handbuch, 2., aktualisierte und erweiterte Auflage, 358 Seiten, ISBN 978-3-8329-7121-2, 34,00 €.

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Personale Dimension der Projektarbeit wird zunehmend wichtiger

(jm)
Mirjam Barnert behandelt in einer Neuerscheinung des Verlags Dr. Kovac ein zukunftsweisendes Thema: die steigende Bedeutung der personalen Dimension im Projektmanagement. Sie erörtert damit wichtige Ansatzpunkte für nicht-technologische, soziale Innovationen, die in den meisten, eher technisch-technologisch geprägten Innovationsdebatten nicht oder nur am Rande vorkommen.

Im Hinweistext des Verlages heißt es dazu: »In den vergangenen Jahren haben Organisationsformen mit Projekt­charakter zunehmend an Bedeutung gewonnen. So sind Projekte, mit denen schnell, flexibel und zielorientiert auf Veränderungen reagiert werden kann, unumgänglich, um dem ansteigenden Innovations- und Veränderungs­druck zu begegnen. Dabei sind Unternehmungen verstärkt auf die Projektmitglieder angewiesen. Denn eine erfolgreiche Bewältigung von Projekten gelingt nur, wenn die Mitarbeiter ihre Fähigkeiten und Erfahrungen zielführend in das Projekt einbringen.

So sind Projektmitglieder, die einen Beitrag leisten, der über die Erfüllung der erwarteten Arbeitsleistung hinausgeht, worunter beispielhaft die Unterstützung von Kollegen oder ein engagiertes Einbringen in Arbeits­prozesse zu verstehen ist, entscheidend für den Projekterfolg. Verhaltens­weisen hingegen, wie z.B. ein unkooperatives Verhalten oder eine geringe Einsatz­bereitschaft der Mitarbeiter, können nachhaltig Probleme bei der Projektabwicklung verursachen.

Das Werk zeigt Faktoren auf, die dazu führen, dass sich Mitarbeiter im Projekt besonders engagieren bzw. sich vice versa kontraproduktiv verhalten. Gleichzeitig wird dargelegt, wie sich ein engagiertes bzw. ein destruktives Verhalten auf den Individual- und Projekterfolg auswirken.

Aufbauend auf einer Studie, die in Kooperation mit der GPM Gesellschaft für Projektmanagement e.V. durchgeführt wurde, werden Handlungshinweise für die Praxis abgeleitet mit dem Ziel, Projekte erfolgreich zu bewältigen.«

Mirjam Barnert [2012]: Die personale Dimension der Projektarbeit. Commitment, abweichendes Verhalten und Erfolg im Fokus, 468 Seiten, Verlag Dr. Kovac, ISBN 978-3-8300-6280-6, 118,00 €.

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Wie Facebook am Wahlkampf verdient

(jm)
Voraussichtlich im August 2012 wird das Portal Facebook eine Milliarde Nutzer verzeichnen. Das entspräche dann etwa der Hälfte aller Internetnutzer weltweit (ca. 2 Milliarden), bzw. etwa einem Siebtel der Weltbevölkerung. Da derzeit kein anderes »Social Network« auch nur annähernd ähnliche Nutzerzahlen vorweisen kann, darf insofern von einem monopolähnlichen Charakter gesprochen werden.

Solch ein monopolartiges Datensammelbecken mit personenbezogenen Nutzerdaten und Konsumentenprofilen weckt natürlich seit längerem erhebliche Begehrlichkeiten: nicht nur beim Einzelhandel, bei Verkaufsportalen, bei Polizei und Geheimdiensten (»Echtzeit-Stasi«), sondern neuerdings auch bei Online-Politikmagazinen. Beispiel: das Online-Magazin »POLITICO«. Ein Daten-Nutzungsvertrag zwischen »POLITICO« und Facebook, der vor wenigen Tagen bekanntgegeben wurde, macht es möglich: das Politikmagazin liefert seinen Lesern für den US-Wahlkampf 2012 nun fleißig Trendprognosen, die u.a. auf Häufigkeitsnennungen von Kandidatennamen in Facebook-Profilen und privaten Nutzerkommentaren beruhen. Angeblich anonymisiert – aber für niemanden nachprüfbar.

Informationelle Selbstbestimmung? Fehlanzeige.

Gemäß Facebook-Nutzungsbedingungen dürfte Facebook nicht zuletzt auch Gebrauch davon machen, zur jeweils gewünschten Unterstützung der Vorwahlen der republikanischen Präsidentschaftskandidaten die jeweils passenden »Originalzitate von politisch engagierten Bürgern« gleich mitzuverkaufen. Denn das uneingeschränkte Urheber- und Verwertungsrecht liegt allein bei Facebook.

Die uneingeschränkte Abtretung sämtlicher Urheber- und Nutzungsrechte an einen Global Player, der gute nationale Datenschutzbestimmungen als eher lästig betrachtet, sollte man daher als vorausschauendes Unternehmen mitbedenken, bevor man vorschnell bestimmte »Social-Media-Tools« als Teil seiner Unternehmens-, Personalrekrutierungs-, Wissensmanagement- und/oder Innovationsstrategie implementiert. Kooperiert die Unternehmensberatung, die Ihnen das rät, vielleicht mit Facebook? Natürlich geht es nicht um ein bloßes »Dagegensein«. Achten Sie vielmehr als Unternehmen auf kontrollierbare Rechtsräume ohne Spätfolgen: Woher wissen Sie, an wen Facebook die Datensätze ihrer Belegschaft – natürlich »anonymisiert« – möglicherweise in zwei, fünf, zehn Jahren verkaufen wird?

Denn: das uneingeschränkte Copyright liegt bei Facebook. Und es bleibt bei Facebook, inklusive Ihrer vermeintlich »gelöschten« Daten. Denn »Löschen« bedeutet bei Facebook nur, dass die Nutzer ihre Daten quasi »vor sich selbst verstecken«, während sie bei Facebook physikalisch gespeichert bleiben – und gemäß Geschäftsmodell meistbietend zweit- und drittverwertet werden.

Vielleicht zur Unterstützung der Bundestagswahl 2013 an die BILD-Zeitung …?

Grafik: Social Media Prisma by ethority, unter Creative Commons Lizenz

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Fachredaktionen als Basis der journalistischen Qualitätssicherung

(jm)
Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse (AGRA) richtete in ihrer »Bremer Erklärung« vom 11. November 2011 an die Intendantinnen und Intendanten den Appell, die Fachredaktionen in den Sendern zu erhalten und zu stärken. Inhaltliche Qualität der Programme als Existenzgrundlage und Unterscheidungsmerkmal der öffentlich-rechtlichen Sender könnten nur Beiträge gewährleisten, die von Redakteuren mit Fachkompetenz recherchiert und erstellt werden würden.

Bei ihrer Tagung in Bremen machten die Mitglieder der AGRA bei den Sendern die Tendenz aus, ausscheidende Fachredakteure nicht zu ersetzen und Fachredaktionen abzuschaffen. Im immer härter werdenden Wettbewerb um Zuschauer, Hörer und Online-User sei es aber notwendig, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihre Kompetenz in der Berichterstattung festigten. Dazu müsse in den Redaktionen entgegen der aktuellen Entwicklung Fachwissen erhalten und gefördert werden sowie die Aus- und Fortbildung der Fachredakteure ausgebaut werden. Die AGRA setzt sich dafür ein, verstärkt unter den freien und festen Redakteuren Fachleute zu identifizieren, zu fördern und deren Wissen und Kompetenz in den Redaktionen effektiver zu nutzen.

Die »Bremer Erklärung« vom 11. November 2011 im Wortlaut:

Die AGRA sieht die Tendenz, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihre Kompetenz in der Berichterstattung verlieren, wenn es ihnen nicht gelingt, bei knapper werdenden Mitteln ihre Qualität zu sichern.

Uns sind dabei folgende Punkte wichtig:

1. ]  Unsere Reputation ist davon abhängig, dass weiterhin Fachredakteure zu Gerichtsverhandlungen, Kongressen, Pressekonferenzen gehen und dort qualifizierte Fragen stellen, um komplexe Vorgänge einordnen zu können. Wir hören aber, dass ausscheidende Fachredakteure manchmal nicht ersetzt werden und Fachredaktionen abgeschafft werden. Wir wünschen, dass Fachwissen erhalten und gefördert wird. Die Aus- und Fortbildung muss unterstützt werden, feste und freie Fachredakteure müssen auch dafür bezahlt werden, dass sie am Thema dranbleiben, um Kompetenz zu erhalten und Kontakte zu pflegen – nicht nur für die aktuelle Berichterstattung. Erfolg versprechend können auch Fachsendeflächen sein. Es ist belegt, dass diese über das Internet viele neue Nutzer gewinnen. Wir schlagen vor, dass unter den Freien und festen Redakteuren Fachleute identifiziert und gefördert werden und dass ihr Wissen mehr genutzt wird.

Wir unterstützen positive Ansätze wie den Aufbau von Recherchepools. Nur so können die Sender über den Terminjournalismus hinaus eigene Themen setzen.

2. ]  Viele Freie bekommen Recherchetage und Reisen häufig nicht bezahlt. Des Weiteren sollen sie neben ihrer Autorentätigkeit mehr Ausspielwege bedienen, selber aufnehmen, drehen und schneiden. Dafür werden sie aber oftmals nicht gesondert honoriert.

Freie Mitarbeiter und fest angestellte Redakteure arbeiten immer häufiger als Generalisten. Die Gefahr besteht, dass sie dann komplexe Themen nicht mehr einschätzen können. Sie sind leichter zu beeinflussen von Lobbyisten. Sie laufen Gefahr, gerade unter Zeitdruck, Pressemeldungen und PR-Infos ungeprüft zu übernehmen.

Unter diesem Druck ist es schwierig, hochwertige Produkte zu erstellen. Die Folgen der Arbeitsverdichtung gelten auch für Festangestellte.

3. ]  Redaktionsvolontäre berichten, dass in der Ausbildung technische Aspekte und die Beherrschung von Aufnahme- und Ausspielformen immer mehr Raum einnehmen. Das gehe zu Lasten inhaltlicher Aspekte wie Darstellungsformen, Dramaturgie, Interviewtechniken etc.

Natürlich ist es wichtig, alle neuen Ausspielwege zu erschließen, um die Zuschauer, Hörer, User dort abzuholen, wo sie sind. Aber das journalistische Handwerk sollte an erster Stelle stehen.

Sendeflächen müssen mit guten Inhalten gefüllt werden. Gerade in einer komplexer werdenden Medienwelt setzt sich nur Qualität durch. In einer komplexen, unübersichtlichen Welt suchen die Menschen nach Einordnung und Erklärung durch kompetente Journalisten.

4. ]  Wir beobachten den Zwang, immer mehr Programm zu füllen und hören, dass Redakteure keine Zeit mehr haben, die Inhalte mit der gebotenen Sorgfalt zu prüfen.

5. ]  Durch die Tendenz, mit weniger Mitarbeitern mehr Programm zu füllen, geht häufig der innerbetriebliche Austausch verloren (Job Rotation). Wir fordern die Intendantinnen und Intendanten auf, solche Möglichkeiten zu erhalten und zu fördern. Nach unserer Erfahrung erweitern sie den Horizont und verbessern die multimediale Zusammenarbeit. Perspektivwechsel erhöhen die Motivation und führen zu messbar besseren Ergebnissen.

Die Existenzgrundlage der öffentlich-rechtlichen Sender darf nicht aufs Spiel gesetzt werden: Qualität ist das beste Argument fürs Überleben. Nur die öffentlich-rechtlichen Sender können aufwändig recherchierte Inhalte liefern, die die Gebührengelder rechtfertigen. Die inhaltliche Qualität ist das dauerhafte Unterscheidungsmerkmal.

Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse bietet sich den Intendantinnen und Intendanten für einen Austausch über die Qualitätssicherung an.

Quelle: AGRA-Blog vom 16.11.2011

Mehr denn je bedeutet diese Entwicklung auch mehr Selbstverantwortung: Nehmen Sie Ihre Informations- und Medienkompetenz selbst in die Hand. Prüfen Sie selbst, recherchieren Sie selbst, fragen Sie persönlich nach den Hintergründen des Geschehens, nach Motiven von Akteuren. Entwickeln Sie hohe persönliche Maßstäbe für gute Informationen, entwickeln Sie Ihr eigenes Qualitätssystem zur Orientierung in schwierigen Zeiten – denn Sie können nicht darauf bauen, dass andere es für Sie tun.

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