Archiv der Kategorie: Kompetenzmanagement

Intellektuelles Kapital und Wettbewerbsfähigkeit

(jm)
Mit dem Titel »Intellektuelles Kapital und Wettbewerbsfähigkeit« [2012] der Herausgeber Peter Pawlowsky und Leif Edvinsson ist (endlich) die Langfassung der Studie »Wettbewerbsfaktor Wissen: Managementpraxis von Wissen und Intellectual Capital in Deutschland« erschienen, die ich bereits mehrfach vorgestellt habe. Die Herausgeber verdichten und interpretieren darin die Ergebnisse einer großangelegten, repräsentativen Studie, in der 3401 Unternehmen aller Größen und Branchen den derzeitigen Ausbaustand ihrer Wissensmanagement-Strategien und -Aktivitäten bewertet hatten. Auftraggeber der Studie war das deutsche Bundeswirtschaftsministerium (BMWi).

Prof. Peter Pawlowsky (TU Chemnitz) hatte die wesentlichen Ergebnisse dieser BMWi-Studie bereits am 19.05.2011 auf dem Berliner Kongress »Standortvorteil Wissen« vorgestellt. Die 30-seitige Kurzfassung der Studie ist nach wie vor auf der Website des Bundeswirtschaftsministeriums verfügbar (Stand: August 2011).

Aus dem Geleitwort des neuen Herausgeberbandes:

»Die neue Wertigkeit des Wissens und der Kompetenzen von Menschen spiegelt sich im Begriff des Intellektuellen Kapitals. Er zeigt, dass sich die Bedingungen erfolgreichen Wirtschaftens grundlegend geändert haben: Unternehmen, die auf den dynamischen globalen Märkten von heute langfristig wettbewerbsfähig sein wollen, müssen kontinuierlich Innovationen hervorbringen – die Frage der Wettbewerbsfähigkeit wird mehr und mehr zur Frage der Innovationsfähigkeit. Kreativität und Ideen, Wissen und Kompetenzen sowie die Vernetzung und Kooperation von Menschen sind dabei entscheidende Faktoren, die es strategisch zu fördern und zu managen gilt. Vor diesem Hintergrund markiert der Begriff des Intellektuellen Kapitals einen einschneidenden ökonomischen Paradigmenwechsel: Menschen werden nicht länger als Kostenfaktor angesehen, sondern avancieren zum entscheidenden Innovations- und Wertschöpfungsfaktor und gehören damit zu den bedeutendsten Vermögenswerten von Unternehmen und ganzen Gesellschaften.«

Geleitwort, Inhaltsverzeichnis und Einführung können hier als PDF-Datei (5 MB) kostenlos heruntergeladen werden.

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Partizipative Regionalentwicklung als moderierter Bürgerdialog

(jm)
Einseitigkeiten in Wahrnehmung, Wirklichkeitskonstruktion und Sprache erweisen sich empirisch evident oft darin, dass notwendige (heilsame) Komplementärbegriffe gleichsam zu fehlen scheinen. Würde man in repräsentativen Umfragen beispielsweise nach komplementären Begriffen (und Trends) zum Stichwort »Globalisierung« fragen, würden vermutlich nicht viele der Befragten auf Anhieb den korrespondierenden lebensweltlichen Bezug zu Konstrukten wie »Regionalisierung« bzw. »Lokalisierung« erkennen.[1] Durch diese Brille betrachtet, scheint Globalisierung »alternativlos« zu sein – und daher möglicherweise per se erstrebenswerter – als vermeintlich kleinbürgerliche »Provinzialität«.

Direkte lokale und regionale Bürgerbeteiligung hingegen ist spätestens seit »Stuttgart 21« bundesweit neu ins Bewusstsein des Volkes gerückt: Bürgerinnen und Bürger interessieren und engagieren sich wieder vermehrt für die Gestaltung und Zukunft ihres geographisch-sozialen Lebensraums.[2] Lokale und regionale Raumentwicklung werden Gegenstand öffentlich-medialer Prozesse materieller und immaterieller Güterabwägung, sogar harter Kontroversen und schwerer Konflikte.

Offensichtlich also reicht es im 21. Jahrhundert nicht länger aus, lokale und regionale öffentliche Projekte verwaltungsrechtlich »einwandfrei« nur durch die formellen Entscheidungsinstanzen zu bugsieren. Bürgerinnen und Bürger wollen vielmehr gerade bei politisch motivierten Projekten mehr denn je persönlich angesprochen, gehört, involviert und emotional »mitgenommen« werden, anstatt »vor vollendete Tatsachen« gestellt zu werden – sie wollen sich aktiv beteiligen, vor Ort an der politisch-strategischen Regionalentwicklung »partizipieren«. Erfahrungsgemäß kommt hinzu, »dass sich Bürgerinnen und Bürger meistens erst dann für die Projektfolgen interessieren, wenn diese ganz konkret werden.«[3]

Solche Partizipation ist durchaus im Sinne moderner endogener (eigenständiger) Regionalpolitik: eines ihrer wesentlichen Elemente ist die Stärkung regionaler Selbstorganisationsfähigkeiten und lokaler Eigenverantwortung durch die aktive Mit- und Selbstbestimmung der Bevölkerung vor Ort.[4] Angedacht ist: Wenn unterschiedliche Kompetenzträger auf diese Weise gemeinsam für eine Region Verantwortung tragen und sowohl effektiv als auch effizient zusammenwirken,[5] können Lebensräume nachhaltig dem abgewogenen Gesamtwohl und nicht nur überhöhten lobbygesteuerten Partikularinteressen dienen – und so »ihre maximale Selbstwirksamkeit entfalten.«[6]

Steter Stein des Anstoßes bei der strategischen Entwicklung einer Region ist es nun, das genaue »Wie« der durchaus konfliktären Güterabwägung im Licht der Öffentlichkeit und im Rahmen der freiheitlich-demokratischen[7] Grundordnung möglichst transparent abzubilden: Wie findet und priorisiert eine Region unter teils restriktiven Budgetbedingungen[8] ihre langfristig-strategisch wirkungsvollsten Projekte, und wie integriert sie am sinnvollsten den regionalen Bürgerwillen, das »Gemeinwohl« sowie alle divergierenden Partikularinteressen in den Gesamtprozess bis hin zur Maßnahmenumsetzung?

Hier sind die vielzitierten »mündigen Bürgerinnen und Bürger« einer Region gefragt und unter komplexen Bedingungen herausgefordert, hier sind gereifte und ausgewogene Einschätzungen wichtiger als kurzsichtige Willensdurchsetzung auf Kosten anderer; hier sind, kurz gesagt, kompetente und gereifte Erwachsene – im umfassendsten Sinne des Wortes – das wohl zukunftsträchtigste »Kapital«[9] einer Region.

In einer ersten Näherung kann daher gefolgert werden: Stärkere partizipative Regionalentwicklung führt im 21. Jahrhundert zu neuen Anfragen an die regionale Erwachsenenbildung, insbesondere an die Heran- und Herausbildung, an die Identifizierung und Zusammenführung erwachsener, mündiger, gereifter, lebenserfahrener Menschen als Teams, als moderierte Projektgruppen und Netzwerkpartner im regionalen Vor-Ort-Kontext.

Als eine mögliche neue Prozessunterstützungsmethode der strategischen Regionalentwicklung kommt hier die »Wissensbilanz – Made in Germany«[10] ins Spiel, die im Jahr 2004 als Projekt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi)[11] unter Federführung des Fraunhofer Instituts für Produktionsanlagen und Kommunikationstechnik (IPK) ausgestaltet wurde[12] und die, wenngleich noch wenig bekannt, seitdem zum »state of the art« wissensbasierter Organisationsführung und zeitgemäßer zukunftsorientierter Controllingstrategie gehört.

Ganz im Sinne des Wissensbilanz-Pioniers Leif Edvinsson[13] hat zuletzt die Arbeit von Mauch (2011) aufgezeigt, wie mit Hilfe dieser moderierten workshopbasierten Evaluationsmethode, ausgestaltet als Bürgerreport bzw. »regionale Wissensbilanz«[14], ein Prozess der Nutzung des impliziten regionalen Wissens[15] der Bürgerinnen und Bürger sogar für eine Kommune, einen Landkreis oder eine größere Region entwickelt werden kann und wie die hierzu bereiten und fähigen Bürgerinnen und Bürger sich vor Ort repräsentativ einbringen können.[16] Es geht damit auch um einen lernenden Organismus von vielfältig-kompetenten erwachsenen Menschen, die sich temporär und projektbasiert verbinden zur Evaluation und Gestaltung des gesamt-optimalen zukünftigen Regionalumfeldes – was wiederum in bisherigen Definitionen, Konstrukten und methodischen Ansätzen zur regionalen Erwachsenenbildung so nicht explizit aufscheint.

In bekannten Definitionen zur regionalen Erwachsenenbildung (z.B. Nuissl[17]) sind diese noch zu bezeichnenden Kompetenzen nicht im Zusammenhang mit dem »state of the art« in der endogenen Regionalentwicklung und regionalen Wissensbilanzierung auskonturiert, so dass hier eine Forschungslücke besteht. Daher wird mit der in Kürze erscheinenden Arbeit »Partizipative Regionalentwicklung als moderierter Bürgerdialog« insgesamt Neuland betreten. Um diese Lücke aber zu schließen, wären wohl umfangreiche interdisziplinäre Monographien erforderlich, so dass die Arbeit sich lediglich als erste thematische Relevanzanzeige versteht.


[1] Vgl. Nuissl (2010): Internationalisierung, in: Arnold/Nolda/Nuissl (Hrsg.) (2010): Wörterbuch Erwachsenenbildung, S. 166; vgl. auch Siegert (2004), Erfolgsfaktoren von Regionen, S. 13-14

[2] Vgl. Voigt (2010): Die Informiertheit der Bürger steigt, in: Stuttgarter Zeitung vom 20.07.2010

[3] Mauch (2011), Moderierter Bürgerdialog, S. 38

[4] Vgl. Mauch (2011), Moderierter Bürgerdialog, S. 22; ähnlich auch Reupold/Strobel/Tippelt (2011): Vernetzung in der Weiterbildung: Lernende Regionen, in: Tippelt/von Hippel (Hrsg.) (2011): Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung, S. 579

[5] Vgl. Mauch (2011), Moderierter Bürgerdialog, S. 22

[6] Mauch (2011), Moderierter Bürgerdialog, S. 22

[7] Ganz im Sinne der dezentralisierten endogenen Regionalentwicklung ist es bedeutsam, dass „demos“ im Griechischen – abweichend zu vielstimmiger Auskunft – nicht nur „Volk“ bedeutet, sondern auch „Dorf“.

[8] Vgl. Mauch (2011): Moderierter Bürgerdialog, S. 14

[9] Vgl. Edvinsson / Brünig (2000), Aktivposten Wissenskapital, S. 11

[10] Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.) (2008):Wissensbilanz – Made in Germany. Leitfaden 2.0, S. 5

[11] Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.) (2008):Wissensbilanz – Made in Germany. Leitfaden 2.0, S. 4

[12] Bornemann / Reinhardt (2008): Handbuch Wissensbilanz, S. VII

[13] Edvinsson / Bounfour (Hrsg.) (2005): Intellectual Capital for Communities, Regions, Nations, and Cities

[14] Mauch (2011): Moderierter Bürgerdialog, S. 40 ff.

[15] Vgl. Mauch (2011): Moderierter Bürgerdialog, S. 54-56; sowie grundlegend Polanyi (1985): Implizites Wissen, S. 13-31

[16] Vgl. Mauch (2011): Moderierter Bürgerdialog; sowie Edvinsson / Bounfour (Hrsg.) (2005): Intellectual Capital for Communities, Regions, Nations, and Cities

[17] Vgl. Nuissl (2010): Regionale Erwachsenenbildung, in: Arnold/Nolda/Nuissl (Hrsg.) (2010): Wörterbuch Erwachsenenbildung, S. 258

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Social-Media-Handbuch in zweiter Auflage erschienen

(jm)
Das »Social Media Handbuch« [Michelis/ Schildhauer] erschien im November 2010 in erster Auflage. Es war angetreten, dem Leser einen ersten fundierten Überblick über Theorien, Modelle und Methoden im überaus dynamischen Geflecht moderner »Social Media« zu bieten, und ihm als Baukasten für die eigene Praxis zu dienen. Nun legt der Nomos-Verlag die aktualisierte und deutlich erweiterte zweite Auflage vor.

Vor dem Hintergrund der enorm schnellen Entwicklung im Bereich der digitalen Kommunikation liefern die einzelnen Kapitel übergeordnete Ansätze, die sich nicht an den einzelnen Phänomenen und Technologien orientieren, sondern am grundlegenden Gestaltwandel der voranschreitenden Digitalisierung. In den vergangenen Jahren wurden dazu eine Reihe sehr hilfreicher Bücher mit Lösungsansätzen publiziert, für deren Lektüre jedoch in der betrieblichen Praxis oftmals kaum Zeit bleibt. Das Handbuch schließt diese Lücke und stellt den betrieblichen Praktikern eine Sammlung operativer Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Ein vergleichbar kompakter Überblick ist im deutschsprachigen Raum meines Wissens nicht vorhanden.

Zu den behandelten Theorien und Modellen gehören u.a.:

Der Verlag schreibt in seiner Ankündigung über das Buch: »Die rasante Entwicklung der sozialen Medien macht es nahezu unmöglich, einen Überblick zu behalten. Fast täglich erreichen uns neue Studienergebnisse, die nicht selten die dringende Notwendigkeit suggerieren, so schnell wie möglich selbst aktiv zu werden. In der gleichen Häufigkeit erfahren wir von neuen Anwendungen, innovativen Diensten, Communitys oder Portalen. Die Fülle an diesen Informationen, die tagtäglich auf uns niederprasselt, ist kaum mehr zu beherrschen. Ein nachhaltiger Ansatz besteht darin, einen Schritt zurück zu treten und das Geschehen aus einer übergeordneten Perspektive zu betrachten. Sie dürfen sich nicht an einzelnen Phänomenen orientieren, sondern müssen langfristige Entwicklungen und grundsätzliche Zusammenhänge erkennen. Erst dann zeigt sich eine – erstaunliche – Kontinuität.

Das Social Media Handbuch folgt diesem Weg. Im ersten Teil wird ein kompaktes Strategiemodell für die Entwicklung eigener Lösungen und Strategien beschrieben. Im zweiten Teil werden Theorien, Methoden und Modelle führender Autoren zusammengefasst, die im dritten Teil anhand von Fallbeispielen exemplarisch angewandt werden.«

Michelis/Schildhauer [2012]: Social Media Handbuch, 2., aktualisierte und erweiterte Auflage, 358 Seiten, ISBN 978-3-8329-7121-2, 34,00 €.

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Personale Dimension der Projektarbeit wird zunehmend wichtiger

(jm)
Mirjam Barnert behandelt in einer Neuerscheinung des Verlags Dr. Kovac ein zukunftsweisendes Thema: die steigende Bedeutung der personalen Dimension im Projektmanagement. Sie erörtert damit wichtige Ansatzpunkte für nicht-technologische, soziale Innovationen, die in den meisten, eher technisch-technologisch geprägten Innovationsdebatten nicht oder nur am Rande vorkommen.

Im Hinweistext des Verlages heißt es dazu: »In den vergangenen Jahren haben Organisationsformen mit Projekt­charakter zunehmend an Bedeutung gewonnen. So sind Projekte, mit denen schnell, flexibel und zielorientiert auf Veränderungen reagiert werden kann, unumgänglich, um dem ansteigenden Innovations- und Veränderungs­druck zu begegnen. Dabei sind Unternehmungen verstärkt auf die Projektmitglieder angewiesen. Denn eine erfolgreiche Bewältigung von Projekten gelingt nur, wenn die Mitarbeiter ihre Fähigkeiten und Erfahrungen zielführend in das Projekt einbringen.

So sind Projektmitglieder, die einen Beitrag leisten, der über die Erfüllung der erwarteten Arbeitsleistung hinausgeht, worunter beispielhaft die Unterstützung von Kollegen oder ein engagiertes Einbringen in Arbeits­prozesse zu verstehen ist, entscheidend für den Projekterfolg. Verhaltens­weisen hingegen, wie z.B. ein unkooperatives Verhalten oder eine geringe Einsatz­bereitschaft der Mitarbeiter, können nachhaltig Probleme bei der Projektabwicklung verursachen.

Das Werk zeigt Faktoren auf, die dazu führen, dass sich Mitarbeiter im Projekt besonders engagieren bzw. sich vice versa kontraproduktiv verhalten. Gleichzeitig wird dargelegt, wie sich ein engagiertes bzw. ein destruktives Verhalten auf den Individual- und Projekterfolg auswirken.

Aufbauend auf einer Studie, die in Kooperation mit der GPM Gesellschaft für Projektmanagement e.V. durchgeführt wurde, werden Handlungshinweise für die Praxis abgeleitet mit dem Ziel, Projekte erfolgreich zu bewältigen.«

Mirjam Barnert [2012]: Die personale Dimension der Projektarbeit. Commitment, abweichendes Verhalten und Erfolg im Fokus, 468 Seiten, Verlag Dr. Kovac, ISBN 978-3-8300-6280-6, 118,00 €.

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Das Thema ‚Emotionale Intelligenz‘ verbindet die Generationen

(jm)
»Emotionale Intelligenz« integriert nicht nur den erwachsenen Menschen zu einer reifen Gesamtperson, sondern verbindet auch die Generationen. Das zeigt ein neuer Gedichtband zum Thema »emotionale Intelligenz«, verfasst vom schwedischen Arzt, Künstler und Schriftsteller Björn Rosendal (88), der mit poetischer Kraft den Begriff der »emotionalen Intelligenz« bereits im Jahre 1976 (!) geprägt hatte. Co-Autorin des aktuellen Gedichtbandes »Kättaren och faunen« (Ketzer und Faun) ist die 60 Jahre jüngere Museumspädagogin Catharina Ohlsson.

Rosendal publizierte bereits 1977 im schwedischen Ärztefachblatt Läkartidningen den Aufsatz »En väl utvecklad känslomässig intelligens och ett visst mått av kreativitet«, 1980 folgte das Buch »Den känslomässiga intelligensen« (»Die emotionale Intelligenz«), 1981 dann auf Englisch das Bändchen »The Emotional Intelligence« – also deutlich vor Howard Gardners bahnbrechender Intelligenzrahmentheorie »Frames of Mind« (1983).

Spätere Publikationen speziell zur »Emotionalen Intelligenz« – beispielsweise von Peter Salovey, John D. Meyer und Daniel Goleman, um die wichtigsten Autoren zu nennen –, loteten das Konstrukt etwas ausführlicher und mit verschiedenen wissenschaftlichen Ansätzen aus, ohne sich allerdings auf die Begriffsurheberschaft und die Vorarbeiten Rosendals zu beziehen. Die deutschen Wikipedia-Beiträge klammern den initialen Beitrag Rosendals aus – und sind insofern schlichtweg unvollständig.

So lohnenswert die späteren wissenschaftlichen Beiträge auch unbestritten sind: Es darf angefragt werden, ob streng wissenschaftliche Abhandlungen über »emotionale Intelligenz« einem so intangiblen Thema überhaupt gerecht werden können. Es ist ja ähnlich wie bei »implizitem Wissen«, »Bauchentscheidungen«, dem »Gefühl für den Kunden«, dem »Blick für die Gesamtsituation«, dem »richtigen Händchen für die Maschine« oder der langjährigen Erfahrung mit einem bestimmten Werkzeug: ihre enorme ökonomische Bedeutung in der heutigen Arbeitswelt ist unbestritten »da«, das Untersuchte entzieht sich aber »wesensmäßig« weitestgehend dem strengen Forscherblick durch die Kriterien-Brille der verobjektivierenden Beobachtungsarrangements.

Ein Wissenschaftskonzept, das ausschließlich auf objektiv wiederholbares und von der Person losgelöstes, handhabbares Verfügungswissen abzielt, erscheint damit im heutigen Unternehmensalltag immer weniger brauchbar. Benötigt werden integrierte Konzepte, die multiple Intelligenzen (nach Howard Gardner) und multiple Kompetenzen mit einbeziehen (Rauner 2004, Freund 2011).

Nicht zuletzt: Emotionale Intelligenz im Arbeitsalltag ist mehr als das, was objektiv »gemessen« und mit Methoden »festgestellt« (= zum Stillstand gebracht?) werden kann. Kommt nicht also – dem Ansatz des »Storytelling« im Wissensmanagement damit durchaus verwandt – möglicherweise solch ein generationenübergreifender Poesieband dem eigentlichen Wesenskern der menschlichen »emotionalen Intelligenz« viel näher, als streng wissenschaftliche Abhandlungen dies je leisten könnten …?

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Fotonachweis: Die Wiedergabe des Fotos von Björn Rosendal und Catharina Ohlsson erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Fotografin Emma Gustafsson (hallandsposten.se).

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