Tagesarchiv: 3. Dezember 2011

Informationsfreiheitsgesetz: Gerichte stärken Auskunftsrechte der Bürger

(jm)
(netzwerk recherche) Mit zwei wichtigen Grundsatzentscheidungen haben die Gerichte kürzlich die Informationsfreiheit gestärkt: Sie stellten klar, dass auch der Bundesrechnungshof unter das IFG fällt und dass Regierungsstellen gleichfalls vom Auskunfts- und Einsichtsrecht erfasst sind.

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat im Oktober entschieden, dass auch der Bundesrechnungshof Einsicht in seine Prüfungsunterlagen gewähren muss. Im konkreten Fall ging es um den Antrag eines Journalisten, der Kopien der Prüfunterlagen haben wollte, die der Bundesrechnungshof zu verschiedenen Stiftungen angefertigt hatte, an die Gelder aus dem Entwicklungsministerium geflossen waren. Zunächst hatte der Rechnungshof dieses Ansinnen mit dem Argument abgelehnt, er sei keine Behörde und falle daher nicht unter das allgemeine Akteneinsichtsrecht nach dem IFG. Das OVG Münster gab nun dem Journalisten recht, dass das IFG anzuwenden sei. Auch einen Ausschlussgrund wegen negativer Auswirkungen auf die Kontrolltätigkeit des Bundesrechnungshofes sahen die Richter nicht. Eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht ist allerdings möglich (Aktenzeichen 8 A 2593/10).

Keine Sonderklausel für Regierungshandeln

Im zweiten Streitfall liegt bereits eine Klarstellung des obersten Gerichts vor: Das Bundesverwaltungsgericht hat Anfang November entschieden, dass IFG-Anträge nicht mit der pauschalen Begründung abgelehnt werden dürfen, dass die gewünschten Unterlagen »das Regierungshandeln« betreffen. In der Vergangenheit hatten sich zahlreiche Ministerien bei IFG-Anträgen auf die sogenannte »exekutive Eigenverantwortung« der Regierung berufen und Informationen aus dem engeren Regierungsapparat pauschal für »intern« erklärt. Diese Praxis hatten Journalistenverbände wie netzwerk recherche oder auch der Bundesbeauftragte für die Informationsfreiheit, Peter Schaar, wiederholt als Versuch kritisiert, das IFG im Kern auszuhöhlen. Die Leipziger Richter haben jetzt festgehalten, dass das IFG grundsätzlich die gesamte Tätigkeit einzelner Ressorts abdeckt, so dass eine Unterscheidung zwischen Regierungs- und Verwaltungshandeln für die Gesetzesauslegung nicht relevant sei.

Das BVG hatte über zwei Anträge zu entscheiden: Zum einen ging es um Einsicht in Unterlagen des Bundesjustizministeriums zur Reformbedürftigkeit des Kindschaftsrechts, zum anderen um Stellungnahmen des Justizministeriums in zwei Petitionsverfahren gegenüber dem Bundestag. Mit dieser Entscheidung ist endlich der Versuch der Ministerien gescheitert, weite Teile der Exekutive vom Auskunftsanspruch auszuklammern. Ein Standard-Ablehnungsgrund für IFG-Anträge dürfte damit in Zukunft entfallen. (Aktenzeichen BVerwG 7 C 3.11 und BVerwG 7 C 4.11).

Quelle: netzwerk recherche, Newsletter 86 vom 29.11.2011

Transparenz der Regierungsarbeit zum Durchbruch verholfen

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, kommentierte am 3. November 2011 das BVG-Urteil mit den Worten:

»Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seiner heutigen Entscheidung für den Anspruch auf Zugang zu Unterlagen des Bundesjustizministeriums der Transparenz der Regierungsarbeit zum Durchbruch verholfen. Bislang war es strittig, ob sich die Bundesregierung hinter dem Begriff »Regierungshandeln« verstecken kann, wenn sie Unterlagen aus ihrem Bereich für sich behalten will. Mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch klargestellt, dass die Exekutive des Bundes einschließlich der Bundesregierung selbst dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes unterliegt und grundsätzlich den Bürgerinnen und Bürgern Auskunft geben muss.«

»In der Praxis wird dieses Urteil eine große Bedeutung haben. Kein Ministerium kann unter Verweis auf Regierungshandeln das Informationsfreiheitsgesetz ins Leere laufen lassen. Das ist eine gute Nachricht für alle, die von ihrem demokratischen Recht auf umfassende Information Gebrauch machen wollen.«

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