Wissensbilanzierung als zukünftiger Standard für Bibliotheken?

(jm)

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»Wissensbilanzen« heißt ein neuer Buchtitel von Alexander Schuster, und er trägt die einschränkende Unterzeile: »Ein strategisches Managementinstrument – auch für Bibliotheken«. Erschienen ist der Titel vor einigen Tagen bei BibSpider, einem noch jungen, aber international publizierenden »Fachverlag für Bibliothekswissenschaft und Wissensorganisation«, und bildet dort den ersten Band der neuen Fachreihe »Excellence in Teaching and Learning« bzw. »Studien zur Informationswissenschaft«. Der Verlag begründet die Relevanz der Fachreihe mit den Worten:

Informationswissenschaft – ein noch junges Fach gewinnt immer mehr an Bedeutung, da es als Schlüsseldisziplin die entscheidenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Sektoren analysiert und in ihrer Entwicklung vorantreibt. Die aktuellen informatorischen wie medialen Veränderungsprozesse übertreffen in ihren Auswirkungen bei weitem die der Erfindung des europäischen Buchdrucks. Die Formen und Praktiken der durch Archive, Bibliotheken und Museen tradierten Kultur und Information verändern sich rasant – das Web, Online-Datenbanken, Multimedia und die damit verbundenen neuen Infrastrukturen des Wissens verlangen hohe technische, betriebswirtschaftliche und kulturtheoretisch-analytische Kompetenzen sowie ein ausgeprägtes medientheoretisches Reflexionsniveau.

Die Neuerscheinung markiert damit einerseits die steigende Relevanz des Themas »Wissensbilanzierung« für die Informations- und Bibliothekswissenschaft, erfordert andererseits jedoch auch sprachliches Kontextverständnis, um zu wissen, wovon  jeweils tatsächlich gesprochen wird, wenn angesichts hunderter Wissensbilanzmethoden und -modelle relativ pauschal von »Wissensbilanzen« die Rede ist. Lassen wir zunächst den Verlagstext zu Wort kommen, da mir noch kein Rezensionsexemplar vorliegt:

Der erste Band der Reihe liefert eine umfassende Studie zum Thema Wissensbilanzierung, also der Methode, Potenzial und Effizienz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines Unternehmens oder einer Organisation zu beziffern, um im Bewusstsein dieser fundamentalen Ressource strategisches Planen und Handeln zu ermöglichen. Die Arbeit zeichnet sich dabei durch ihre reflektierte, konstruktive Abwägung der Machbarkeit, Wissen pekuniär zu bewerten, aus. Chancen und Risiken dieser komplexen Bilanzierungsprozesse werden erkennbar.

Ziel der […] Studie ist es, Wissensbilanzierung als eine der bedeutendsten Aufgaben des Qualitätsmanagements zu definieren. So wird erstmalig ein hervorragender Standard für die Anwendung dieser Methode – auch für Bibliotheken  – gesetzt. Ein standardisiertes Modell zur Darstellung und Bewertung, Steuerung und Entwicklung des so genannten Intellektuellen Kapitals kann es allerdings nicht geben. Der Autor stellt überzeugend unterschiedliche Beispiele vor und entwirft auf dieser Grundlage einen Prototypen, der in der Praxis flexibel eingesetzt werden kann.

Schon der Verlagstext zeigt also, dass »Wissensbilanzierung« hier – im Sinne des Ankerpunktmodells durchaus interessant – als »eine der bedeutendsten Aufgaben des Qualitätsmanagements« begriffen wird; also im QM-Bereich von Bibliotheken verortet und verankert wird.

Um dabei jedoch nicht auf der Verständnisstufe von »Wissensorganisation« als »Materialwirtschaftssystem« [Liessmann 2008: 149] stehen zu bleiben, womöglich unter »Ausklammerung von Wahrheits- und Geltungsfragen«, erscheint stets angeraten, eine vorhandene QM-Perspektive stärkenzentriert mehrstufig zu einer umfassenden Wissensperspektive weiterzuentwickeln. Ich bin gespannt, ob der Autor auch das Evaluationsinstrument der »Wissensbilanz – Made in Germany« erwähnt und auf seine Eignung für Bibliotheken hin überprüft hat …

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